Zeitstrahl

In den Jahren nach dem Putsch formte Gaddafi das damalige Königreich in einen sozialistischen Staat um. Was genau Gaddafi darunter verstand hat er in seinem Buch „Das Grüne Buch“ beschrieben, welches in den Jahren 1975 bis 1979 in drei Teilen erschien. 2 Jahre danach war „Sozialistische Libysch-Arabische Dschamahiriyya“ der offizielle Name des heutigen Libyens.

 Gaddafi mit seinem Idol Gamal Abdel Nasser.

Dschamahiriyya ist arabisch und bedeutet „Herrschaft der Massen“, also müsste Gaddafis Ziel eigentlich sein, eine Volksrepublik oder Volksmassenrepublik zu schaffen. Was wir aber heute wissen ist, dass Libyen zu Zeiten der Herrschaft Gaddafis, keine Volksrepublik, sondern eine Art Diktatur war. Dies erreichte er indem er den Volkskongress[1], der das Volk repräsentieren sollte, dominierte. Der Kongress hat meistens die Vorschläge des Revolutionsführers angenommen. Gaddafi sah den arabischen Nationalismus von Gamal Abdel Nasser, dem damaligen Staatspräsident Ägyptens, als Vorbild an. Nasser war ein Idol für Gaddafi, er half ihm den Bildungssektor und die Verwaltung umzustrukturieren, indem er ihm oft auch ägyptische Berater zu Verfügung stellte. Nachdem Nasser 1970 an einem Herzinfarkt verstorben war, wurde Anwar as-Sadat Staatspräsident Ägyptens. Da Anwar Gaddafi nicht traute, wurden die Beziehung zu Ägypten zunehmend schlechter und das Vorhaben die arabischen Länder zu einer Einheit zu bilden bzw. eine ägyptisch-libysche Union zu gründen (panarabisches Vorhaben) scheiterte im Jahre 1976.[2]

 

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  Das Logo der Wolrd Islamic Call Society.

Muammar gründete ein paar Jahre nach der Machtergreifung die World Islamic Call Society, welche heute Mitglied in der UNESCO ist und ärmeren Regionen in Afrika und Asien hilft. Gaddafi hat sofort klar gemacht dass er einen Staat mit islamischem Sozialismus als Ideologie möchte. Er setzte Islamisierungskampagnen in Gang um Einflüsse des Westens abzuwehren.  Dinge wie Alkohol wurden verboten, Juden und anderer Ausländer wurden des Landes verwiesen, Stützpunkte von Großbritannien und den USA wurden geschlossen. Außerdem wurde die katholische Kathedrale von Tripolis in eine, dem ehemaligen ägyptischen Staatspräsidenten Nasser gewidmeten, Moschee umgewandelt. Italiener die in Libyen lebten mussten ihre Toten exhumieren[3] und sie nach Italien bringen.

Als direkte Demokratie ohne Parlamentarismus verbreitete Gaddafi innenpolitisch die Herrschaftsform der Volkskongresse. Aus der Bewegung des Volkskomitees hervorgegangen, Arabischen Sozialistischen Union (ASU)[4], basierte dieses Modell von 1971 bis 1977. 1972 wurde die Gründung anderer Partei verboten.

Aufgrund von Korrekturen des Grenzverlaufs zum Vorteil von Libyen im Jahr 1973 entbrannte ein Konflikt mit dem Nachbarland Tschad (Chad). Libyen besetzte damals den Aouzou-Streifen[5]. Zu Zeiten des Libysch-Tschadischen Grenzkriegs, der von 1978 bis 1987 ging, mischte sich Libyen, zugunsten von dortigen Fraktionen, gegen den damaligen Präsidenten in Tschad ein. In den Jahren 1978, 1983 und 1986 griff Frankreich militärisch ein, sodass ein Umsturz des Regimes in der Hauptstadt N’Djamena verhindert werden konnte. Obwohl ein Waffenstillstand der beiden Länder herrschte zogen die libyschen Einheiten erst 1994, als der Internationale Gerichtshof den Aouzou-Streifen dem Tschad zusprach, aus dem nördlichen Tschad ab.

  Der Aouzo-Streifen befindet sich im nördlichen Tschad.

Das Grüne Buch, welches die politischen Ziele Gaddafis verdeutlichen sollte, wurde 1975 publiziert. Seine Ziele waren stark an den islamischen Sozialismus angelehnt, außerdem kann man panarabische[6] Ansätze, die erklären warum Gaddafi sich für eine arabische Einheit einsetzte, erkennen. Das Jahr 1974 ist jedoch ein Jahr das zeigt, dass die Verwirklichung Libysch-Arabisch-Afrikanische Vereinigungsprojekte bisher dato nicht möglich waren. Denn in diesem Jahr scheiterte eine Union mit Tunesien, welches zu den Maghrebstaaten[7] gehört. Den RCC  löste er im Jahr 1977 auf, welcher seit 1969 die gemeinsame Führung wahrgenommen hatte. Die Herrschaft der Massen (Dschamahiriyya) in Form der Basisvolkskongresse rief Gaddafi auf einem Kongress aus. Ehrengast bei diesem Kongress war Fidel Castro[8]. Durch diese Organisation und die im gleichen Jahr gegründeten Revolutionskomitees gelang es ihm, seine absolute Macht über die Gesellschaft weiter zu vertiefen. Von der Staatsführung trat Gaddafi offiziell zwei Jahre später zurück. Er ordnete sich den Titel Revolutionsführer zu. Er behielt weiterhin seinen beherrschenden Einfluss auf die Staatsgeschäfte. Vor allem die totale Kontrolle über die Finanzpolitik und das Militär. Gaddafi traf alleine die Entscheidung zum Beginn des Libysch-Tschadischen Grenzkriegs, ohne den allgemeinen Volkskongress zu beteiligen. In diesem  Krieg ging es ursprünglich um die Angliederung des Aouzou-Streifens.

Einen übertriebenen Kult um seine Person baute Gaddafi seit Ergreifung der Macht auf. Hemmungslose überlebensgroße Bilder von ihm mit dunkler Sonnenbrille oder im bunten Gewand gehörten dazu. Zum Jahrestag der Revolution  wurde eine Briefmarke 1992 in Libyen herausgebracht. Auf dieser ist Gaddafi mit einem weißen Pferd abgebildet und es scheint, mit diesem in den Himmel zu steigen. Als eine Anspielung auf die Himmelfahrt Mohammeds auf  Buraq[9] ist dies zu verstehen.

 

1980er Jahre

Das erste Attentat im Ausland  geschah 1980 an der Colorado State University auf einen libyschen Dissidenten[10], das Gaddafi angeordnet haben soll. Die Revolutionskomitees verbreiteten insbesondere in diesem Jahrzehnt ein Klima des Staatsterrors. Die Aufgabe war unter anderem die Überwachung der Basisvolkskongresse[11].

Otto Schily und Alfred Mechtersheimer, die damals zur Partei der deutschen Grünen gehörten, und das Vorstandsmitglied Roland Vogt statteten 1982 Gaddafi einen Besuch ab. Diese Aktion führte zu starken Irritationen in der Bundesrepublik, denn Gaddafi galt als zeitweiser Unterstützer der linksextremistischen terroristischen Vereinigung der Roten Armee Fraktion (RAF). Gaddafi besuchte nach Erhalt einer Einladung des österreichischen Bundeskanzlers, Bruno Kreisky (SPÖ), im März 1982, Wien. Zu diesen Zeiten wurde das international mit großem Unverständnis betrachtet. Jedoch wurde Gaddafi in den Jahren danach sehr gerne von den meisten europäischen Politikern als Gast begrüßt.

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 Der La Belle Club in Berlin nach dem Anschlag.

Der US-Präsident Ronald Reagan behauptete, nach einem Bombenanschlag auf die Diskothek La Belle in Berlin in der Nacht vom 4. auf den 5. April 1986, dass Gaddafi dafür zu verantworten sei, da er sich damit angeblich für die Zerstörung zweier libyscher Kriegsschiffe, durch US-amerikanische Streitkräfte, rächen wollte. Den Befehl, Tripolis und Bengasi zu bombardieren, gab daraufhin Reagan: Am 15. April 1986 beschossen US-Kampfflugzeuge die libysche Hauptstadt Tripolis bei der Operation El Dorado Canyon. 36 Zivilisten wurden dabei getötet. Von einer getöteten Adoptivtochter Gaddafis wurde ebenfalls berichtet.

Sie war zuvor in Libyen völlig unbekannt. Ihr Alter soll zwischen einem und fünf Jahren gelegen haben. Auf der ganzen Welt wurde diese Geschichte verbreitet.

Die Politik der Öffnung (Infitah)[12] begann Gaddafi 1988. Die sozialistische Staats- und Planwirtschaft wurde damit nach und nach beendet. Die Ernennung des Reformers Schukri Ghanim zum Premierminister gilt als Beginn des marktwirtschaftlichen Zeitalters.[13]

 

1990er Jahre

Da aufgrund der, 1993 vom UN-Sicherheitsrat verhängten, Einschränkungen und staatlicher Fehlplanungen die Ölförderung im Vergleich zu den 1970er-Jahren um ein Drittel sank, wurde die Stimmung der Bevölkerung im Verlauf dieses Jahrzehnts gereizt. Währenddessen stieg die Population auf über 5,5 Millionen Menschen an. Das wirkte sich negativ auf die staatliche Öl-Rente aus. Die Arbeitslosigkeit stieg an und die Islamisten gewannen an Stärke. In Afghanistan gründeten zu dieser Zeit unter anderem Rückkehrer vom Krieg die Libysche Islamische Kampfgruppe (LIFG)[14]. Ihre Basis war vor allem in der Kyrenaika.[15] 1996 unternahm die LIFG ein  Attentatsversuch auf Gaddafi. Während diesem Jahrzehnt gab es mehrere Umsturzversuche gegen den Revolutionsführer. Im Sicherheitsapparat wurden spätestens seit dieser Dekade[16] Schlüsselposten innerhalb der Gaddafi-Familie oder ihres Stammes vergeben.

 Hier sieht man Libyens einteilung in die ehemaligen 3 Provinzen.

Die Volksführerschaftskomitees wurden 1993 von Gaddafi gegründet. In diesem sind  traditionelle Eliten und die Stammesführer vertreten, die über die Verteilung eines Teils der Erdölrenten bestimmen. Die einflussreichsten Stämme konnte er über dieses Instrument einbinden.

Ein Bombenanschlag auf Gaddafis Schutzbegleiter misslang im Februar 1996. Laut einem Zeitungsbericht der New York Times vom 5. August 1998, wurde der Anschlag mit 160.000 US-Dollar durch das MI6[17] unterstützt. Bei dem Anschlag sollte angeblich Gaddafi getötet werden. Er blieb aber unverletzt. Mehrere Gefolgsleute wurden stattdessen getötet. Das Gesetz zur Kollektivbestrafung, was bedeutet für die Vergehen einzelner könnte der Staat deren Familien und Heimatstädte in Haftung nehmen, wurde 1997 eingeführt.

Für den Anschlag auf den Pan-American-Flug 103 von 1988, über der schottischen Stadt Lockerbie, wurden zwei libysche Geheimdienstmitarbeiter verantwortlich gemacht. Gaddafi ließ sie am 5. April 1999 nach Den Haag[18] ausliefern. Der Prozess fand dort auf neutralem Boden statt. Die UNO hob ihre Einschränkungen, die sie zuvor gegen Libyen verhängte, noch am selben Tag auf. Als Entschädigung für die Hinterbliebenen der 270 Todesopfer bot Libyen am 29. Mai 2002 eine Summe von 2,7 Milliarden US-Dollar. Dies geschah nach der Verurteilung des verantwortlichen Geheimdienstmitarbeiters, Abdel Basit Ali al-Megrahis im Januar 2001.

Die palästinensische Abu Nidal Organisation[19] des Landes, verwies Gaddafi im Juli 1999, weil dieser sich wieder bemühte den Kontakt mit den Vereinigten Staaten und dem Vereinigten Königreich wiederherzustellen und sich vom Terror zu distanzieren. Die Organisation wurde für mehrere Anschläge, unter anderem auf Flughäfen und Synagogen, verantwortlich gemacht. Als Ergebnis der Bemühungen Gaddafis besuchte am 2. Dezember 1999 zum ersten Mal seit 15 Jahren ein westlicher Regierungschef, der italienische Ministerpräsident Massimo D’Alema, Libyen.

 

2000er Jahre

Das Gaddafi-Regime konnte sich während dieses Jahrzehnts wieder stabilisieren. Der hohe Ölpreis und die steigende Nachfrage nach libyschem Öl trugen neben der voranschreitenden außenpolitischen Normalisierung und dem Ende der UN-Einschränkungen dazu bei. In der Bevölkerung konnte der Unmut über schlechte Lebensumstände mit Maßnahmen, wie der Ankündigung einer Lohnerhöhung von 80 Prozent für den öffentlichen Dienst im Jahr 2007, gedämpft werden. Die Menschenrechtslage blieb weiterhin Kritisch. Denn zur Mitte dieses Jahrzehnts schnitt, im innerarabischen Vergleich, Libyen bezüglich mangelnder Partizipation[20], Korruptionskontrolle und Rechtsstaatlichkeit schlecht ab.[21]

Gaddafi ermutigte über lange Zeit, mit entsprechender Brüderlichkeitsrhetorik, Afrikaner nach Libyen einzureisen. Er stellte erleichterte Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen in Aussicht. Soziale, politische und ökonomische Probleme traten jedoch bald auf. 50 afrikanische Einwanderer wurden im Jahr 2000 bei Ausschreitungen umgebracht. Um afrikanische Flüchtlinge von ihren Außengrenzen fern zu halten kooperierte, seit 2003, die Europäische Union mit der libyschen Herrschaftsform. Menschenunwürdige Zustände und Folter in libyschen Internierungslagern nahm  die EU, nach Angaben von Menschenrechtlern, dabei auch in Kauf. Sie wurden zum Teil von ihr finanziert.[22]

Auf der philippinischen Insel Jolo trat Gaddafi im Jahr 2000 als Vermittler um das Geiseldrama auf. Der 11. September 2001 und die damit verbundenen Diskussionen über radikale Islamisten, waren für Gaddafi die perfekte Gelegenheit, druck gegen die oppositionellen Islamisten aufzubauen und damit die Unterdrückung international zu legalisieren. 2003 gab Gaddafi bekannt, dass sein Land die Entwicklung von Massenvernichtungswaffen betreibe. Das ABC-Waffenprogramm legte er offen und ließ es demontieren. Seitdem verbesserte sich Gaddafis Verhältnis zum Westen erheblich. Der damalige britische Regierungschef Tony Blair besuchte ihn im März 2004. Die lange Isolation Libyens durchbrach er damit. Gerhard Schröder folgte als erster deutscher Kanzler im Oktober.

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  Muammar al-Gaddafi mit Gerhard Schröder.

Im Februar 2006 entwickelte sich eine Demonstration gegen die Mohammed-Karikaturen, die ein italienischer Politiker (Roberto Calderoli) bei einer Rede auf dem T-Shirt trug, in Bengasi vor der italienischen Botschaft. Es wurden Büros des Revolutionskomitees angezündet und Porträts von Gaddafi zerstört. Dabei wurden mehr als zwölf Demonstranten von Si cherheitskräften erschossen.

Im September 2006 rief Gaddafi, zum 37. Jahrestag seiner Machtübernahme, öffentlich zur Ermordung politischer Gegner auf. Für sein Land ordnete Gaddafi am 30. Dezember 2006, nach Bekanntwerden der Hinrichtung des irakischen Machthabers Saddam Hussein, eine dreitägige Staatstrauer an.

Ab 2006  mehrten sich  die Anzeichen von Aktivitäten bewaffneter Islamisten im von Gaddafi systematisch vernachlässigten Osten des Landes. Es kam zu wiederholten Anti-Regime-Ausschreitungen. Mit Kollektivstrafen wie z. B. Subventionskürzungen war bereits in den 1990er Jahren diese Region wegen Sympathien der dortigen Bevölkerung für den Islamismus belegt worden. Zu bewaffneten Zusammenstößen zwischen Islamisten und Sicherheitskräften kam es im Sommer 2007 in Benghasi und Darna. Es wurden dabei mehrere Menschen getötet.

Er besuchte nach 34 Jahren also am 10. Dezember 2007, dem Welttag der Menschenrechte, wieder Paris. Auf dem Champ de Mars[23] demonstrierten etwa 100 Personen gegen seinen Besuch. Denn 1984 versuchte Gaddafi, die französische Journalistin Memona Hintermann (Chefreporterin von France 3), nachdem sie in eine Militärbaracke gebracht wurde, zu vergewaltigen. Als sie in die Militärbaracke gebracht wurde ging sie davon aus, dass sie Gaddafi dort Interviewt, dies berichtete sie dem Fernsehsender Canal+.

Für einen Skandal am 23. September 2009 vor der Vollversammlung der Vereinten Nationen sorgte Gaddafi mit seiner ersten Rede. Er zitierte aus der UN-Charta[24] und zerriss aus Protest einige Seiten.

  Hier sieht man, wie Gaddafi die Uno-Charta zerreißt.

Gaddafi machte sich zur Aufgabe, die afrikanische Einheit zu unterstützen. Die Afrikanische Union (AU), wurde 2002 auf Gaddafis Betreiben hin, ins Leben gerufen (als Nachfolgeorganisation der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU)). Muammar war von Februar 2009 bis Januar 2010 Vorsitzender der AU, die die EU als Vorbild hat und genauso einen langfristig Wirtschaftsraum, wie in der EU, in Afrika darstellen soll.

Während eines Aufenthalts in Genf, wurden Gaddafis Sohn Hannibal und dessen Gattin, im Juli 2008 angezeigt und der Körperverletzung, Drohung und Nötigung beschuldigt. Das Paar wurde vorübergehend von der Schweizer Polizei festgenommen. Es kam zu einer diplomatischen Krise zwischen Libyen und der Schweiz.

Als Reaktion bzw. Rache wurden die zwei Schweizer Max Göldi und Rachid Hamdani[25], mit der Begründung, gegen die Aufenthaltsbestimmungen verstoßen zu haben, in Libyen festgehalten. Erst nach Verhandlungen und einigen Monaten Haft wurden sie dann endgültig am 14. Juni 2010 frei gelassen. 

„Die schlechte Behandlung mehrerer libyscher Diplomaten und Geschäftsleute durch die Polizei des Kantons Genf“ dies war die Begründung warum Muammar al-Gaddafi, nach der Festnahme seines Sohnes, die wirtschaftliche Kooperation mit der Schweiz beendete.

Libyen verhängte am 8. Oktober 2008 einen Erdölstopp gegen die Schweiz und 2009 wurde 5 Milliarden Franken Anlagevermögen von Schweizer Banken, auf andere Europäische Banken überwiesen. Außerdem durfte die Fluggesellschaft Swiss, Tripolis nicht mehr anfliegen und genauso durften Schiffe, mit einer Schweizerflagge, nicht an Libyschen Häfen anlegen bzw. dort beladen werden. Am 3. März 2010 wurde dann ein endgültiger Wirtschaftsboykott, seitens Libyens gegen die Schweiz, verhängt, mit der Begründung dass, ein angespanntes Verhältnis zwischen den beiden Ländern herrscht.

 Hier sieht man, wie sich Gaddafi die Aufteilung der Schweiz vorgestellt hat.

2009 in Italien, zur Zeit des G8-Gipfels, wurde die Schweiz, von Gaddafi, als Helfer des Terrorismus und „Mafia der Welt“ beschuldigt. Er schlug der UNO vor die, Schweiz den umliegenden Ländern, Deutschland, Frankreich und Italien, zuzusprechen. Jedoch wurde dies von der UNO abgelehnt. Ein Jahr danach, rief Gaddafi zum Dschihad[26] gegen die Schweiz auf und behauptete die Schweiz sei gegen den Koran und ist somit „ungläubig“ und „abtrünnig“.

Erst der Bürgerkrieg in Libyen ließ zu, dass die Beziehungen sich wieder besserten. Mitte Juli 2011 eröffnete die Schweiz ein Verbindungsbüro in Bengasi und am 29. September 2011 ernannte der Bundesrat Michel Gottret als neuen Botschafter der Schweiz in Libyen. Alle Sanktionen seitens Libyens wurden am 9. Januar 2012 aufgehoben.  

Der HIV-Prozess gegen einen palästinensischen Arzt und fünf bulgarische Krankenschwestern erregte Aufsehen. Der Prozess dauerte in mehreren Verfahren von 2000 bis 2007 an. Die Anklage stützte sich auf die Behauptung Gaddafis, der zufolge die Beschuldigten, die vom Mossad[27] und der CIA gesteuert wurden, vorsätzlich hunderte libyscher Kinder mit dem Virus infiziert hätten.

Die libyschen Gerichte ignorierten entlastende Indizien und die Angeklagten wurden daraufhin gefoltert. Die Todesurteile wurden, nach Leistung von „Schadensersatzzahlungen“ mehrerer Länder, in lebenslangen Haftstrafen umgewandelt.  Die Gefangenen wurden nach Bulgarien ausgeliefert und einen Tag später begnadigt.

Teile des Abu-Salim-Gefängnisses ließ Gaddafi im April 2010 abreißen. Vermutlich um die Spuren eines Massakers zu verwischen. Seit 1996 sollen dort laut Angaben mehrerer NGOs[28], mehr als 1.200 politische Gefangene ermordet worden sein.

 

Bürgerkrieg 2011

Nach den Unruhen in den benachbarten Staaten Ägypten und Tunesien kam es auch im Februar 2011 in Libyen zu einem Aufstand. Erstmals wurde öffentlich der Sturz Gaddafis gefordert. Ein Straßenkrieg entwickelte sich. Mindestens 400 Menschen sind innerhalb weniger Tage ums Leben gekommen.

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 Demonstranten, die ein freies Libyen fordern.

 

Proteste

Im Januar 2011 gab es die ersten Demonstrationen. Kurz darauf, also ca. am Ende des Januars rief ein libysche Autor und politischer Gegner, Jamal al-Hajji, zu Protesten gegen die Regierung auf und wurde daraufhin von Gaddafis Anhängern in Haft genommen. Einige Gruppen wollten Presse- und Meinungsfreiheit und eine Verfassung und machten dies auch klar. Sie sagten, dass die Jugendlichen in Libyen Wohnungen und eine gute Ausbildung bzw. Arbeitsplätze bräuchten. Gaddafis Antwort war einfach und genauso zerschmetternd: „Alles, was das Volk braucht, ist Essen und Trinken“.

„Es gibt keinen Gott außer Allah, Muammar ist ein Feind Allahs.“ oder  „die korrupten Herrscher des Landes“ riefen Demonstranten am 15. Februar bei Versammlungen in verschiedenen Städten, in denen es auch Gewaltausschreitungen mit Sicherheitsleuten gab. Die Demonstrationen wurden übers Internet ins Leben gerufen und von Angehörigen der, beim Massaker im Abu-Salim-Gefängnis 1996 getöteten, Gefangenen geführt. Die Verhaftung, des Anwalts der Angehörigen, war der Auslöser. Für den 17. Februar wurde von der Opposition um Abdul Hakim Ghoga ein “Tag des Zorns“ ausgerufen; es kam zu Demonstrationen in allen großen libyschen Städten. Sehr viele Demonstranten wurden dabei getötet. Anwesende berichteten von schwer bewaffneten Soldaten, die gezielt gegen die Bevölkerung vorgingen. Außerdem sollen Spezialeinheiten der Polizei von Dächern aus in die Menge geschossen haben. Gegen die Zivilisten sind auch Panzer angerollt.  Die Regierung schob die Schuld auf ausländische Unruhestifter.

 

Verbreitung der Demonstrationen und Einbruch des Regimes in Teilen Libyens

In den Tagen danach, breiteten sich die gewaltsamen Auseinandersetzungen so aus, dass sie mit einem Bürgerkrieg zu vergleichen waren. Es kam auch vor, dass Offiziere der Armee und Sicherheitskräfte die Seiten wechselten und von da an mit den Aufständischen kämpften. Die Rebellen konnten die bedeutendste und größte Stadt Ostlibyens, Bengasi, am 20. Februar einnehmen. Es fielen weitere Städte in die Hand der Aufständischen, sodass nach einwöchigen Kämpfen die gesamte ehemalige Provinz Kyrenaika von den Rebellen beherrscht wurde. Die bewaffneten Aufstände mussten in vielen Städten Tripolitaniens(siehe Abb. 3.8), bis auf Misrate, Niederlagen gegen die Regierungstruppen einstecken. Misrate konnte im April 2011 eingenommen werden, jedoch schafften es die Truppen Gaddafis, die Rebellen in Schach zu halten und sie nicht an Tripolis ran kommen zu lassen. Ebenfalls zum Schauplatz wechselvoller Kämpfe wurde eine weitere Hochburg der Rebellen, Dschabal Nafusa in der Grenzregion zu Tunesien.

 

Rückschlag für die Rebellen

Die libysche Armee wurde angeblich von Söldnern verstärkt und schaffte es deshalb, mit äußerster Härte, zurückzuschlagen, nachdem sie anfangs, von den Rebellen, weit zurückgedrängt wurden. Sehr viele Zivilisten wurden bei Angriffen von der libyschen Luftwaffe, in den Rebellenhochburgen, getötet. Außerdem sollen Heckenschützen in umkämpften Städten, wie Tripolis und Misrata, wahllos auf Zivilisten geschossen haben. Anfang März erfolgte eine Offensive der Regierungstruppen, in deren Folge ostlibysche Küstenstädte wie Ras Lanuf, Brega und Adschdabiya zurückerobert wurden. Am 19. März waren libysche Regierungstruppen bis Bengasi vorgestoßen und unternahmen einen Angriff auf die Rebellenhochburg. Der Ruf nach einem Eingreifen der Internationalen Gemeinschaft war immer drängender geworden. Die internationale Militäroperation begann an dem Tag über Bengasi, mit dem Einsatz französischer Kampfflugzeuge, dadurch konnten die Rebellen den Angriff  entgegen halten und sogar zurückschlagen.

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 Rebellen führen einen Schwarzafrikaner ab, dem sie vorwerfen, als Söldner Gaddafi gedient zu haben.

Augenzeugen berichteten, dass diese Operationen im Westen von mehreren Tausend schwarzafrikanischen Söldnern durchgeführt worden ist. Gaddafi soll diese Schwarz Afrikaner extra dafür eingeflogen haben. Die zwei Sender, Al Jazeera und al-Arabiya, berichteten dementsprechend über diese Meldungen, die über Twitter große Resonanzen fanden und sich auch schnell verbreiteten.  Ein Untersuchungsbericht der UN-Menschenrechtskommission bestätigte zwar die Beteiligung einer geringeren Zahl von Kriegsteilnehmern ausländischer Herkunft auf beiden Seiten, konnte aber in keinem Fall Söldnertätigkeiten nach Definition der UN-Konventionen erkennen. Die meisten Personen, die als verdächtigte Söldner festgenommen oder sogar hingerichtet wurden, soll es sich um dunkelhäutige Libyer oder Arbeitsmigranten aus Subsahara-Staaten gehandelt haben. Ende Juni erklärte die Amnesty-International-Mitarbeiterin Donatella Rovera, dass man bei den Untersuchungen der vergangenen Monate keinerlei Hinweise für die Existenz von Söldnern gefunden habe und bezeichnete diese als „fortbestehenden Mythos“. Verschieden Medien berichteten, entgegen dieser Aussage, dass viele ausländische Kämpfer bei den Truppen Gaddafis gegen die libysche Opposition kämpfen.

 

Internationaler Militäreinsatz und seine Folgen

Am 17. März entschied der UN-Sicherheitsrat nun endgültig militärisch, zum Schutz von Zivilisten, einzugreifen. Mit starken Luftschlägen, insbesondere von der französischen und US-amerikanischen Luftwaffe, gegen die immer mehr vordrängenden libyschen Truppen und auf strategische Ziele im ganz Libyen.

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 Hier ist einer der NATO-Luftangriffe auf Tripolis zu sehen.

Der Vormarsch der libyschen Armee auf die Rebellenhochburg Bengasi wurde somit gestoppt. Der libysche Luftraum wurde, nachdem die libysche Flugabwehr größtenteils zerstört wurde, von alliierten Streitkräften kontrolliert bzw. beherrscht. Tage später konnten Rebellen strategisch wichtige Städte wie Adschdabiya und Brega zurückerobern. Besonders die internationalen Luftangriffe waren am Erfolg der Rückeroberung beteiligt. Da die Rebellen meist aus militärisch ungeschulten Freiwilligen bestanden, konnten sie trotz Luftunterstützung, nichts gegen die Rückeroberung der Städte Ras Lanuf und Brega, von den Regierungstruppen, ausrichten. Und nach einem gescheiterten Angriff, er Rebellen auf Adschdabiya entwickelte sich eine Pattsituation zwischen den beiden Konfliktparteien. Die Stadt Misrate, die seit dem 3. April eingeschlossen war, geriet aufgrund der wochenlangen Kämpfe in der Stadt, in den Blickpunkt der Weltöffentlichkeit. Der Zusammenbruch der Lebensmittelversorgung für die Bevölkerung und der medizinischen Versorgung der unzähligen Verwundeten, wurde auch nach dem Abzug der Regierungstruppen am 23. April nicht besser, da diese noch wochenlang aus der Distanz die Stadt mit Raketen bombardierten. Doch aufgrund des Abzuges in die Außenbezirke der Stadt, konnten die NATO-Kräfte, die Truppen Gaddafis, besser als in unübersichtlichen Häuserkämpfen, unters Feuer nehmen. Nachdem eine Gebirgsregion, die sich in der Nähe der Hauptstadt Tripolis befindet, erobert wurde, gelang es den Rebellen den wichtigsten Grenzübergang nach Tunesien, obwohl sie andauernd von Regierungstruppen angegriffen wurden, zu sichern. Dieser Grenzübergang erleichterte die Arbeit der UNO erheblich. Es konnten nicht nur Hilfsgüter, sondern auch Waffen und Freiwillige in, von Rebellen kontrollierte, Regionen gebracht werden.

 

Besetzung von Tripolis und der restlichen Städte Libyens bis zum Fall von Sirte

Die Hauptstadt Tripolis war lange unter Kontrolle Gaddafis. Verbrecher, islamistische Terroristen und Drogenabhängige, so nannte Muammar in Fernsehansprachen, die aufständischen während der Kämpfe und er sagte auch er würde eher als Märtyrer sterbe bevor er freiwillig zurücktrete. Am 20.August 636 erstritt ein arabisches Heer einen entschiedenen Sieg über die eigentlich überlegende oströmische Armee. Dieser Tag ist heute ein traditioneller Jahrestag, der als Schlacht am Jarmuk gefeiert wird. Und 1375 Jahre später und noch 9 Tage vor Ende des Ramadan, was den Rebellen wichtig war, Starteten sie einen lang vorbereiteten Aufstand in Tripolis, mit dem Decknamen „Operation Mermaid Dawn“. Die aufständischen wurden von anderen Gaddafi-Gegnern unterstützt. Einige stießen von dem Nafusa-Bergen in Richtung Tripolis dazu, andere waren schon in Tripolis und unterstützten sie von innen. Am 21. August gelang den Rebellen der Vorstoß nach Tripolis. Die NATO hatte den Vorstoß durch Luftangriffe mit vorbereitet und begleitet. Während in den Medien die fortschreitende Eroberung durch die Rebellen gemeldet wurde, blieb der Status großer Teile der Stadt unklar. So konnte der Sohn Gaddafis, Saif al-Islam al-Gaddafi, obwohl der  Nationale Übergangsrat verkündet hatte, dass es festgenommen wurde,  am 23. August frei vor Journalisten im Rixos-Hotel eine Pressekonferenz abhalten. Im Zentrum der Stadt Tripolis befand sich ein militärischer Komplex[29] Gaddafis. Dort fanden die meisten kämpfe um die Stadt statt. Regimeanhänger verteidigten die Anlage Bab al-Aziziya bis zum Abend des 23. August. Es blieb aber unklar, wie lange Gaddafi, seine Söhne und wichtige Regimevertreter sich darin befanden. Gegen Ende August 2011 verlor das Regime die Kontrolle über Tripolis an den Übergangsrat. Im restlichen Libyen hatten die Rebellen währenddessen fast alle wichtigen Städte im Norden eingenommen. Die Städte Bani Walid und Sirte, waren Anfang Oktober noch in den Händen der Gaddafi-Anhänger.

 Hier sieht man einen Teil von Bab al-Aziziya.

1270 Leichen wurden in Tripolis gefunden, dies gab der Leiter des Ausschusses der neuen Regierung zur „Suche nach Opfern der Herrschaft Muammar Gaddafis“, Ibrahim Abu Sahima, am 25. September 2011 bekannt. Diese Leichen sollen aus dem Massaker im Gefängnis Abu Salim stammen. Die Toten wurden mit Säure übergossen, um beweise des grausamen Massakers zu vernichten. Der Übergangsrat hat sich bereiterklärt, um internationale Hilfe zu beten bei der Identifizierung der Leichen. Jedoch berichteten sowohl Jamal Ben Noor vom Justiz- und Menschenrechts-Ministerium des libyschen Übergangsrates als auch ein CNN-Team, das vor Ort war, über „Knochen, die zu groß für menschliche Knochen seien“ bzw. von „Tierknochen“. Und weder Jamal Ben Noor noch das CNN-Team berichteten von Säure. Als letzte Stadt wurde, der Geburtsort Gaddafis, Sirte, am 20. Oktober, nachdem zuvor Ghadamesr, Bani Walid und die Wüstenstadt Sabha eingenommen wurden, erobert.

 

Situation nach dem Bürgerkrieg

Mehr als 6000 Menschen wurden, ohne eine offizielle Anklage oder der Möglichkeit auf einen Prozess, seit dem Ende des Bürgerkrieges verhaftet. Gefangene werden in den Internierungszentren[30] in der Stadt Misrata gefoltert. Bei 115 Gefangenen wurden von der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen“ Verletzungen festgestellt, die durch Folter entstanden sind. Der militärische Geheimdienst NASS führte diese Folterverhöre. Ein paar dieser Verhöre verliefen sogar tödlich. Die Hilfsorganisation forderte ein Ende der Folter. Diese Forderung wurde von den dortigen Behörden jedoch ignoriert. Nach dem bekannt wurde, dass ein ehemaliger libyscher Botschafter in Sintan einen Foltertod starb, erklärte der Justizminister Ali Hamida Aschur, dass die Verantwortlichen von Gericht gestellt werden würden. Die Gefängnisse, in denen die Folterungen stattfanden, standen zum größten Teil nicht unter der Kontrolle des Übergangsrates.[31]

Die Stadt Bani Walid wurde am 23. Januar 2012 beinahe komplett von Gaddafi-Anhängern eingenommen. Der Auslöser für den Aufstand der Gaddafi-Anhänger war dem Nationalen Übergangsrat zufolge, dass die Festnahme ehemaliger Gaddafi-Anhänger angeordnet wurde. Einen Tag später stritt man wieder ab, dass die Stadt unter Kontrolle der Gaddafi-Anhänger stehe. Angeblich habe die Stadt eine eigene örtliche Regierung gewollt und sich nur gegen eine Einmischung durch die Hauptstadt gewehrt. Der Verteidigungsminister des Nationalen Übergangsrates erkannte diese lokale Regierung offiziell an, nachdem er Stammesvertreter der Stadt kontaktierte.

In etwa zur selben Zeit stürmten Gegner Gaddafis gewaltsam das Hauptquartier des Nationalen Übergangsrates in Bengasi. Grund dafür war, dass der Übergangsrat nicht transparent genug handelte und Unzufriedenheit entstand. Daraufhin sagte Mustafa Abd al-Dschalil, der Vorsitzende des Übergangsrates, dass die Situation entweder zu einer militärischen Konfrontation oder einem Bürgerkrieg führen würde.

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  Hier ist eine Landkarte Libyens zu sehen.

Die Revolutionsbrigaden sollten laut Usama al-Dschuwaili[32] in die neue Regierung integriert werden. Ein Problem bestand aber darin, dass es oft zu Streitigkeiten zwischen Revolutionsbrigaden kam, die aus unterschiedlichen Teilen des Landes kamen und die Regierung nichts dagegen unternahm. Ein Beispiel ist Tripolis, Anfang Februar 2012. Hier kam es nahe der Innenstadt zu Kämpfen zwischen den Brigaden aus Misrata und Sintan. Grund dafür seien die Streitigkeiten über Einflussbereiche. 2011 im November erklärten Vertreter der Brigaden, dass sie ihre Waffen nicht niederlegen würden, solange keine neue Verfassung in Kraft getreten sei.

Im Juni 2012 sollten Wahlen zu einer verfassungsgebenden Versammlung stattfinden, die im August 2011 angekündigt wurden. Anhänger Gaddafis sollen, dem Entwurf zum Wahlgesetz zufolge, von der Kandidatur ausgeschlossen werden. Das Gesetz wurde am 29. Januar in Tripolis beschlossen. Laut dem Gesetz werden 136 Sitze an Kandidaten, die in politischen Parteien sind und 64 Sitze an Kandidaten, die unabhängig sind, vergeben. Laut einem Mitglied des Übergangsrates ist die Tatsache, dass zwei Drittel der Sitze an Kandidaten, die in politischen Parteien sind, vergeben werden, auf Druck zurückzuführen, der von der Muslimbruderschaft[33] ausging. Des Weiteren sei die Muslimbruderschaft die einzige Gruppierung, die mit einer Mehrheit bei den Wahlen rechnen könne.

Da viel Geld, dass Libyen zuzusprechen ist, eingefroren wurde, gab es viele Diskussionen darüber. Das Ausbleiben der Gelder in Libyen sorgt für Unzufriedenheit im Land. Geschäftsleute fragen, „wo das Geld hingekommen“ sei.

Der Internationaler Währungsfonds warnte  am 30. Januar, den die Finanzen der Regierung  seien weiter in einem „gefährlichem“ Zustand. Die Regierung hat deshalb große Mühe das Defizit von 10 Mrd. US-Dollar, im Jahr 2012, auszugleichen oder geschweige denn die Energie-Rechnungen zu zahlen.

Stammesführer und Milizen im östlichen Libyen erklärten, ohne den Widerstand der Zentralregierung, die Region Barqa oder Kyrenaika für halb unabhängig. Trotz der Wiederherstellung der ursprünglichen Großprovinz erhoben sie zusätzliche Ansprüche auf Teile der Ölregion Fezzan.

Eine Reihe von Gaddafis Auslandskonten wurden im Verlauf des Bürgerkriegs in Europa und den USA gesperrt. Angesichts der Entwicklung hat der Schweizer Bundesrat am 24. Februar 2011 beschlossen, alle möglichen Vermögenswerte Gaddafis und seines Umfeldes in der Schweiz mit sofortiger Wirkung zu sperren, um eine Veruntreuung von staatlichem libyschem Eigentum zu vermeiden. 29 Personen sind betroffen, darunter Muammar al-Gaddafi und seine Familie, weitere libysche Wirtschaftsführer und Verwandte. Der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs, Luis Moreno Ocampo, beantrage am 16. Mai 2011 einen Haftbefehl gegen Gaddafi, dessen Sohn Saif al Islam, seinen Schwager und mutmaßlichen Geheimdienstchef Abdullah al-Senussi. Ihnen wurden Verbrechen gegen die Menschlichkeit, im Zuge der von ihnen veranlassten Angriffe gegen die Aufständischen, vorgeworfen. Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag erließ am 27. Juni 2011, gegen alle drei, Haftbefehl.

 



[1] Der Volkskongress Libyens war das Parlament im Einkammersystem

[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Muammar_al-Gaddafi#Machtergreifung_und_Herrschaft

[3] Als exhumieren wird das Ausgraben eines bereits bestatteten Leichnams aus seinem Grab bezeichnet.

[4] ASU war eine Partei deren Ideologie war der Nasserismus (abgeleitet vom Staatspräsidenten Ägyptens)

[5] Ist ein Gebiet im nördlichen Tschad.

[6] Vereinigung aller arabischen Staaten

[7] Sind die drei nordafrikanischen Staaten Tunesien, Algerien, Marokko, Libyen und Mauretanien

[8] Fidel Castro war Anführer der Revolution in Kuba gegen den Diktator Batista.

[9] ist im Islam ein weißes pferdeähnliches Reittier mit Flügeln und Menschenantlitz, auf dem nach der Prophet Mohammed während einer Nacht von der Erde zum Himmel und zurück flog.

[10] Systemkritiker/Andersdenkenden, der seine von der Regierungslinie oder -politik abweichende Meinung öffentlich aussprich.

[11] Der Basisvolkskongress war die kleinste Einheit des Regierungssystems in Libyen.

[12] Infitah die Bezeichnung für die Politik der Öffnung des ägyptischen Präsidenten Anwar Sadat.

[13] https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2008_S07_wrf_ks.pdf

[14] ist eine Terrorgruppe mit engen Beziehungen zum internationalen Netzwerk al-Qaida.

[15] Eine der ehemaligen Provinzen.

[16] Häufung

[17] Auch SIS (Secret Intelligence Service) genannt, ist der britische Auslandsgeheimdienst.

[18] Stadt in den Niederlanden.

[19] Abu Nidal-Organisation (ANO) ist eine von Abu Nidal 1974 gegründete organisation, die sich für ein selbständiges Palästina einsetzt.

[20] Der Begriff Partizipation bezeichnet die Teilnahme einer Person oder Gruppe an Entscheidungsprozessen.

[21] https://www.swp-berlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2008_S07_wrf_ks.pdf

[22] “Flüchtlinge unerwünscht“, Frontal21 (politische Sendung beim ZDF) vom 14. Juni 2011

[23] Platz in Paris

[24] Der Gründungsvertrag und damit die „Verfassung“ der Vereinten Nationen (UN).

[25] Max Göldi und Rachid Hamdani waren zwei Schweizer Geschäftsleute.

[26] Dschihad bezeichnet im religiösen Sinne ein wichtiges Konzept der islamischen Religion, die Anstrengung/den Kampf auf dem Wege Gottes.

[27] Mossad ist der Name des israelischen Auslandsgeheimdienstes.

[28] Eine (NGO) Nichtregierungsorganisation ist eine Bezeichnung für einen zivilgesellschaftlich zustande gekommenen Interessenverband.

[29] Bab al-Aziziya galt als das militärische Kommando- und Kontrollzentrum von Muammar al-Gaddafis Truppen. Außerdem lebten al-Gaddafi und seine Familie auf dem Gelände

[30] In Internierungszentren werden Regimegegner gefangen gehalten.

[31] https://www.gesundheit-im-blick.com/news/entry/220846.html

[32] Ist seit 22. November 2011 Verteidigungsminister Libyens.

[33] Die Muslimbruderschaft ist eine der einflussreichsten sunnitisch-fundamentalistischen Bewegungen im Nahen Osten. Sie gründeten eine Partei in Libyen.